Herbert Gaul Eisbergstr. 5 72119 Ammerbuch-Altingen 07032-977937 Homepage http://altingen-hagen3u4.de/aktuelles Einwendungen Bebauungsplan Hagen III & IV 2014 1. Größe und Plausibilität des Gewerbegebietes : Die Begründung für das Gewerbegebiet ist nicht plausibel, die Größe ist für die Eigenentwicklung von Ammerbuch nicht erforderlich. Für die Erweiterungswünsche örtlicher Betriebe ist eine deutlich kleinere Erschließungsfläche ausreichend, dafür werden keine zusätzlichen 13 ha benötigt. Für die Begründung von Gewerbeflächen gilt seit dem 1.1.2009 eine Richtlinie des Wirtschaftsministeriums für ganz Baden Württemberg. Die Beantragung der Flächen im Flächennutzungsplan Ammerbuch entsprach nicht dieser Richtlinie.Trotzdem wurde der Flächennutzungsplan innerhalb kürzester Zeit genehmigt. Das war eine Vorzugsbehandlung für Ammerbuch. Die damals zuständige Sachbearbeiterin in der Ammerbucher Bauverwaltung hat dies indirekt in einer GR-Sitzung im Herbst 2013 bestätigt, als sie bei der Erläuterung zum Regionalplan NA 2020 sinngemäß ausführte : Ich bin froh, dass wir unsere Planungen alle durch haben. Würden wir sie heute einreichen, hätte man sie nicht mehr genehmigt. Die Berechnung der Gewerbeflächen wurde mit einer Methode durchgeführt, die für die Planung von großräumigen Industrie- und Gewerbekomplexen (Ruhrgebiet, Rhein-Main-Gebiet) ausgelegt ist. Dass bei dieser Vorgehensweise ein Bedarf an Gewerbeflächen von ca. 23 ha 'berechnet' wird, ist nicht verwunderlich. Die Argumentation der Verwaltung ist unglaubwürdig: Immer wieder wird betont, dass man dringend Bedarf an Gewerbeflächen hat. Es wird mit scheinbar „wissenschaftlichen“ Methoden ein Bedarf von 23 ha errechnet, von denen dann aber fast die Hälfte nicht beansprucht wird. Wäre der Bedarf von 23 ha. glaubhaft, hätte die Verwaltung alles dran setzen müssen, um diese Größe bei der Flächenausweisung zu erreichen. Aber offensichtlich ist es nur eine fiktive Größe, mit der ein scheinbar großzügiger Flächenverzicht dargestellt werden kann. Des weiteren verweise ich auf die Gewerbeflächenstudie des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein (Anlage). Wesentliche Erkenntnis : Die Gemeinden planen großzügig Gewerbeflächen ein, aber die These „ Mehr Gewerbefläche bedeutet mehr Gewerbesteueraufkommen und mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, stimmt so nicht.“ Wichtig ist die Bestandspflege, aber dafür ist nicht so eine überdimensionierte Flächenerweiterung erforderlich. Dass diese fragwürdige Vorgehensweise vom Landratsamt nicht kritisch hinterfragt wird, ist nicht zu verstehen. So läßt sich das Ziel der Landesregierung bzw. des Landesentwicklungsplanes „Reduzierung/Stopp des Flächenverbrauches“ nicht erreichen. Alternativen wie Interkommunale Gewerbegebiete werden nicht betrachtet. 2. Bandartige Bebauung, Landschaftsbild: Als Zielvorgabe im LEP werden bandartige Bebauungen untersagt.. Die Ortschaften Altingen und Kayh wachsen entlang der Verbindungsstraße zusammen. Auch wenn es kein allgemein gültiges Abstandsmaß gibt, ist hier die Grenze des Zulässigen überschritten. Dies zieht massive Änderungen des Landschaftsbildes nach sich. Die Bauvorschriften erlauben mit einer GRZ = 0,8 eine umfassende Ausnutzung des Baufensters, Gebäudelängen von mehr als 50 m sind ebenso zulässig. Damit können große massive Baukörper erstellt werden. Vom Aussichtspunkt Grafenberg aus blickt man künftig auf eine zugebaute Fläche, die sich optisch bis zum alten Gipswerk erstreckt. Von einer angemessenen Einbindung in das Landschaftsbild (LRA Tübingen 2010) kann hier wohl nicht gesprochen werden. Heute sind kleinflächige Strukturen einschließlich Bebauung in der Landschaft (Baumgruppen, Hecken, kleine Felder) gut zu erkennen. Das im Umweltbericht eingestellte Foto (Seite 48) gibt diese Situation in keinster Weise wieder. Der Zustand Vorher - Nachher ist auf den beiliegenden Fotos anschaulich zu sehen. Das optische Zusammenfließen der Baukörper und damit die massive Änderung des Landschaftsbildes ist deutlich zu erkennen. Das wiegt umso schwerer, da der Schönbuch zum Wald des Jahres 2014 gewählt wurde und der Grafenberg ein beliebter Aussichtspunkt am HW 5 des Albvereines ist. 3. Verkehrskonzept, Lärmprognose : Ein Verkehrskonzept ist nach wie vor nicht zu erkennen. Für die Verkehrsbelastung wurden zwar zusätzliche Varianten für die Anbindung an das überörtliche Straßennetz mitbetrachtet, aber abgesichert ist offensichtlich keine der Varianten. Nicht nachvollziehbar ist, dass bei der Ermittlung der Verkehrsströme der LKW-Verkehr zur Deponie nicht betrachtet wurde. Nach den Planfeststellungsunterlagen sind bis zu 70-LKW-Anlieferungen vorgesehen. Das bedeutet pro Jahr ca. 42 000 zusätzliche LKW-Fahrten mit den entsprechenden Emissionen. Damit wird die bestehende Immisionsbelastung für Altingen weiter erhöht.. Wie sich die Verkehrströme entwickeln werden , ist nach wie vor unklar (siehe oben). Die Anbindung über die K 1040 oder der direkte Zugang von der B. 28 zum Gewerbegebiet sind nicht umsetzbar (Einspruch Stadt Herrenberg, Grünzäsur südlich B.28 Raumnutzungskarte Region Stuttgart). Bleibt die Zufahrt über Industriegebiet Gültstein, K 6918 nach Altingen. Den Kreuzungsbereich Talstrasse/Bahnübergang (schon heute extrem gefährlich) werden dann alle 5-6 min Deponie-LKW passieren, der LKW-Anlieferverkehr zum Hagen ist hier noch gar nicht berücksichtigt. Die Bahnschranken schließen 4x pro Stunde. Damit ist ein Verkehrschaos für Altingen in den nächsten 12 Jahren vorprogrammiert. Ebenso wurde der Lärm durch den Deponieverkehr/-betrieb nicht bewertet. Dabei dürfte insbesondere der LKW-Rangierbetrieb auf der Deponie mit den unvermeidlichen Warnsignalen zu einer störenden auffälligen Geräuschkulisse führen (deutlich anderes Frequenzspektrum). Der Betrieb der Deponie führt zu einer weiteren Belastung für Altingen, sowohl bei den Schadstoffemissionen als auch bei der Lärmbelastung. Dieser Planung fehlt eine ganzheitliche Betrachtung und Bewertung aller relevanten Belastungen. Das Argument, dass der Deponiebetrieb in einem anderen Verfahren genehmigt wurde und deshalb hier nicht mehr betrachtet werden muss, kann so nicht gelten. Damit werden Probleme unter den Teppich gekehrt. Auffällig bei den Lärmprognosekarten ist, dass die Pegelausbreitung im Bereich zwischen Schwedenstraße und Talstraße beschnitten wurde. In diesem Bereich hat es im wesentlichen Wohnbebauung. Auch hier entsteht der Eindruck , dass vorhandene Daten nicht veröffentlicht werden, sondern wieder im Jenseits verschwinden. 4. Kleinklima/Lufthygiene: Die Problematik der speziellen kleinklimatischen Situation nördlich von Altingen hat der Planer bzw. die Verwaltung noch nicht verstanden. Anders kann man die Aussage der Gemeinde nicht interpretieren: „Eine siedlungsklimatische Relevanz der Kaltluft-Abflußflächen im Hagen ist zwar gegeben, aber die zu erwartenden Veränderungen … sind unerheblich.“ Das Problem wurde nicht mal ansatzweise erfasst. Fakt ist, dass die Luftbelastung durch bodennahe Emissionsquellen (A81, B28, Hagen I +II, Wertstoffhof...) schon heute sehr hoch ist. Durch die geplanten Vorhaben Hagen-Erweiterung, Deponie, Baugebiet Kayh, wird die Emissionsbelastung weiter erhöht. Der Planer versucht mit einer Ausbreitungsrechnung für die vom Verkehr ausgehenden Emissionen die Unbedenklichkeit zu beweisen. Aber auch hier zeigt sich, dass er mit dieser Problematik nicht vertraut ist. Standartprognose-Verfahren beziehen sich alle auf die TA Luft. Für die Anwendung dieser Verfahren ist zwingend eine Mindestluftgeschwindigkeit Voraussetzung. Der Planer hat deshalb eine Luftgeschwindigkeit von 1,5 m/s angesetzt. Das ist in dieser Betrachtung falsch und somit nicht zulässig. In den vorangegangenen umfangreichen Klimauntersuchungen wurde als eine der Besonderheiten festgestellt, dass im Bereich Hagen nachts bis zu 70% Windstille herrscht, d.h. Windgeschwindigkeit 0 m/s. Damit können Standartprognose-Verfahren nicht rechnen. In solchen Fällen sind Sonderprognose-Verfahren notwendig. Diese erfordern neben einem erheblichen Spezialwissen auch die Erfassung ausführlicher Wetter-/Klimadaten vor Ort. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Emissionsprognose der VDI-Richtlinie 3783 Bl.13 „Qualitätssicherung in der Immisionsprognose“ genügt. Die vorliegende Untersuchung entspricht definitiv nicht der VDI-Richtlinie. Zur sachgerechten Beurteilung ist deshalb zwingend die Beurteilung durch einen mit der Problematik vertrauten und erfahrenen Gutachter erforderlich. Unverständlich ist im UB-Bericht ( 5.4) die Aussage des Planers, dass durch die vorherrschenden SW-Winde Emissionen nicht in die Wohngebiete gelangen. Diese Aussage ist falsch. In austauscharmen Wetterlagen und Nachts herrscht überwiegend Windstille und damit wird auch nichts von den Wohngebieten weggeblasen. 5. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen: Die Wirksamkeit von Lerchenfenstern werden in der Fachwelt sehr kontrovers diskutiert. Der Nachweis einer erfolgreichen Umsiedlung muss deshalb vor Einsatz von Bau- maßnahmen erfolgen. Umsiedlung Dicke Trespe: Hier handelt es sich um eine CEF-Maßnahme. Ich gehe davon aus, dass dem Planer der Unterschied zwischen CEF-Maßnahme und vorgezogene Ausgleichsmaßnahme bekannt ist. Das RP Tübingen hat in seiner Stellungnahme 2010 auf die Schwierigkeiten bei der Umsiedlung der Dicken Trespe hingewiesen. Seit mehreren Jahren werden vom RP solche Umsiedlungsaktionen begleitet. Alle Ansätze waren bisher erfolglos. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass das RP einen „wissenschaftlichen Nachweis“ für die erfolgreiche Umsiedlung fordert. D. h. die Dicke Trespe muss am neuen Standort über einen längeren Zeitraum (mehrere Jahre) nachgewiesen werden. Für das Monitoring wird von der Gemeinde eine Mitarbeiterin aus der Verwaltung vorgesehen. Ungeachtet der Problematik, dass hier eine Gemeindeaufgabe durch eine Gemeindemitarbeiterin geprüft und testiert werden soll, stellt sich die Frage nach der Fachkompetenz. Selbst für Biologen ist es nicht einfach , die verschiedenen Bromus-Arten zu identifizieren. Die LUBW erklärte mir auf Nachfrage, das sie bei ihren Dienstleistern bei solchen Fragestellungen entsprechende Referenzen verlangt. Der Planer weist zurecht auf die Zugriffsverbote für die Dicke Trespe hin. Um so unverständlicher ist es, dass als erste Maßnahme (geplant im Herbst 2014) der Oberboden am Standort der Dicken Trespe abgetragen werden soll. Der Standort der Dicken Trespe soll künftig ja als Entwässerungsmulde für die Rückhaltung des Oberflächenwassers genutzt werden. Für den Bodenabtrag beruft er sich dabei auf den § 44 BNatschG, Abs. 5. Das setzt jedoch voraus, das der Nachweis über den Erhalt der ökologischen Funktion des Standortes vorliegt (Siehe Anmerkung RP Tübingen). Das ist zu diesem Zeitpunkt ganz sicher nicht der Fall. Eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung fehlt bisher. Sie ist zwingend für die Genehmigung des Bebauungsplanes erforderlich . Wurde die Kartierung der Dicken Trespe aktualisiert (evtl. im Rahmen Artenschutzprogramm) ? 6. Flächen zur Rückhaltung und Ableitung von Niederschlagswasser: Die Entwässerung des Oberflächenwassers aus Hagen I + II führte in der Vergangenheit schon mehrfach zu bedrohlichen Situationen infolge Rückstau an der Ammer. Durch die Hagen-Erweiterung wird die Situation grundsätzlich verschärft. Das Oberflächenwasser sowie die externen Zuflüsse aus Richtung Kayh und Mönchberg sollen in Entwässerungsmulden gesammelt werden. Die Entwässerungsmulden beginnen im höchsten Punkt des Geländes, in jede Längsrichtung besteht Gefälle. Wie das Wasser aus den tiefer liegenden Bebauungen dann in die höher liegenden Entwässerungsmulden gelangen soll, ist nicht nachvollziehbar. Da alle Mulden ein Gefälle haben, findet auch keine Rückhaltung statt. Das Oberflächenwasser wird letztendlich auf direktem Weg in die Ammer eingeleitet. Falls das Wasser doch irgendwie gestaut wird, was passiert, wenn die Staukapazität überschritten wird? Es werden keine Maßnahmen-/Notfall- oder Alarmierungspläne beschrieben. Das Oberflächenwasser wird über die vorhandene Dohle von Hagen I + II in die Ammer geleitet. Schon heute kommt es an dieser Einleitungsstelle zu bedrohlichen Rückstauungen in der Ammer. Zusätzliches Oberflächenwasser aus Hagen III +IV wird die Situation signifikant verschlechtern.Dies ist nach WHG nicht zulässig. Zu berücksichtigen ist ferner, dass in der Wiesenstraße ein Betrieb mit wassergefährdenden Flüssigkeiten arbeitet, das Risikopotenzial könnte dadurch nochmal deutlich erhöht werden.